Tagungen und Ringvorlesungen
Tagungen
2019 wird sich der Tod von Thomas Bernhard zum dreißigsten Mal jähren. Dieses Gedenkjahr soll den Anlass bieten, die künstlerische Nachwirkung von Bernhards Leben und Werk umfassend zu untersuchen. Diese ist bereits zu Bernhards Lebzeiten, erst recht aber in den drei Jahrzehnten seit seinem Tod, zu einem gleichermaßen internationalen wie intermedialen Phänomen geworden. In seinem Roman Korrektur (1975) lässt Bernhard die Figur Roithammer klagen: »unsere Idee wird aufgegriffen und schamlos ausgenützt, das beobachten wir immer wieder, wie eine Idee aufgegriffen und schamlos ausgenützt wird dann von Hunderten von Nachmachern«. Bezogen auf die Rezeption des österreichischen Autors scheint diese Tirade nicht einmal eine Bernhard-typische Übertreibung darzustellen, wenngleich sie das produktive Moment der vielfältigen Rezeptionsphänomene unterschlägt. Der ›Kontinent Bernhard‹, den ein 1995 von Wolfram Bayer herausgegebener Sammelband vermessen hatte, ist in den letzten Jahrzehnten zu einem Bernhard-Universum expandiert, dessen genauere Kartierung noch weitgehend ein Forschungsdesiderat darstellt. Auf dem Tagungsprogramm vertreten sind Beiträge zu u.a. Bernhards Person und seinem Werk in der Literatur, aber auch in anderen Künsten und Medien wie dem Theater, dem Hörspiel, der Musik, dem Film, der bildenden Kunst und dem Comic.
Ringvorlesungen
Die gemeinsam von den Universitäten Bonn, Düsseldorf, Essen und Köln und dem Netzwerk Comicforschung am Rhein (https://www.comicforschung-rhein.hhu.de/) getragene interdisziplinäre Ringvorlesung zur Comicforschung setzt sich in diesem Jahr mit Fragen zur Zeit im Comic auseinander. Die Vorlesung stellt einschlägige Verfahren der Comicanalyse, Stationen der Comicgeschichte und besonders interessante Kunstwerke im Genre vor und fragt dabei immer wieder nach aktuellen Forschungsperspektiven zur graphisch dargestellten Zeit, aber auch zu weiteren temporalen Dimensionen von Comics, von der Serialität über den Umgang mit historischen Kontexten bis hin zur Produktions- und Lesezeit sowie direkten Thematisierungen von Zeit.
Die Ringvorlesung „Aktuelle Fragen der Comicforschung: Räume“, die das Netzwerk „Comicforschung am Rhein“ im Sommersemester 2022 erstmals online an den Universitäten Bonn, Köln, Düsseldorf und Duisburg/Essen veranstaltet, hat sich das Ziel gesetzt, Diskussionen zu Inhalten und Methoden der Forschung zur sequentiellen Kunst aufzunehmen. Die Veranstaltung, die aus einer Reihe von Vorlesungen und Kolloquien besteht, richtet sich an Studierende aus den verschiedenen Philologien und kultur- sowie medienwissenschaftlichen Disziplinen. In diesem Semester wollen wir Räume in Comics aus unterschiedlichen fachlichen Perspektiven und anhand exemplarischer Beispiele diskutieren.
Darstellende und dargestellte, wirkliche und erfundene Räume sind für Comics in verschiedenen Weisen relevant: Bereits das einzelne Panel verweist auf Räume, die Gestaltung der Seiten folgt räumlichen und architektonischen Gestaltungsprinzipien, und die Handlung konstituiert sich zu einem wesentlichen Teil über die Bewegung der Figuren durch Räume, die sinnstiftend und orientierend sind oder einen labyrinthischen Charakter aufweisen. Zur Analyse dieser Phänomene bieten sich Theorien zu Raumkonzeptionen und Raumkonfigurationen an, die seit dem spatial turn in verschiedensten Disziplinen Berücksichtigung finden: Räume werden nicht mehr als ausschließlich physisch-territoriale, sondern als relationale, symbolisch codierte und gesellschaftlich konstruierte Konzepte aufgefasst. In den letzten Jahrzehnten haben sich in den Kulturwissenschaften Konzepte wie Heterotopien (Michel Foucault), Erinnerungsorte (Pierre Nora), Dritter Raum (Homi Bhabha) und Nicht-Orte (Marc Augé) als besonders geeignete Instrumente etabliert, um die symbolische Dimension und den Konstruktionscharakter von Räumen offenzulegen und kritisch zu analysieren.
In der jüngeren Vergangenheit steht die Diskussion über Migration und Krieg neben den Fragen zum Schutz der Umwelt in Deutschland wie in anderen europäischen Staaten im Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion. Vor diesem Hintergrund organisieren die Vertreterinnen und Vertreter der interdisziplinären Arbeitsgruppe »Graphisches Erzählen« der Philosophischen Fakultät erstmals eine Ringvorlesung, in der renommierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Beschäftigung mit Migration und Krieg in Graphischen Erzählungen (Graphic Novel, Bande dessinée, Novela gráfica) analysieren. Hierbei sollen nicht nur inhaltliche Positionierungen der Autorinnen und Autoren, sondern auch mediale Besonderheiten angesprochen werden, wenn es etwa darum geht, das Grauen des Krieges und die Leiden der Flucht graphisch aufzubereiten. Die Vorlesung richtet sich die sich an alle Studierende der HHUD, besonders aber der Philosophischen Fakultät. Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben die Gelegenheit, in einer Übung, die regelmäßig in der auf die Fachvorträge folgenden Woche angeboten wird, gemeinsam mit den Mitgliedern der Arbeitsgruppe »Graphisches Erzählen« die Themen der Fachvorträge zu vertiefen und zu diskutieren.